Sonntag, 4. Mai 2014

Wer ist hier der Fisch? Oder: Die Goldene Regel des Pokers

Da gibt es beim Poker diese eine Frage, eine Frage zu deren Beantwortung Du, beginnend ab dem Platz nehmen am Pokertisch, nicht länger als 20 Minuten benötigen darfst. Aus dieser einen Frage, lässt sich wie immer natürlich auch eine Regel ableiten. Diese Regel ist denkbar einfach. Wie passend also für unseren Blog.

"Wenn du nach 20 Minuten nicht festgestellt hast, wer am Tisch der Fisch ist, steh auf und geh!" 



 
Um den lieben Leser dieses Blogs, der sich offensichtlich um einfache und klare Antworten auf der Welt bemüht, nicht zu überfordern, sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen: Wenn Sie mein Geschreibe hier nicht verstehen, dann ziehen Sie den Internetstecker (gibts sowas eigentlich noch in Zeiten von W-Lan?) und widmen Sie sich besser wieder dem viereckigen Kasten im Wohnzimmer (...und im Schlafzimmer, und in der Küche, und im Gästezimmer, und im Bad).
Und nun, da ab hier nur noch Gleichgesinnte verweilen, wechsle ich wieder zurück auf das unhöfliche Du.

Die gerade von mir genannte Regel hat leider keine freshe Bezeichnung. Dabei gibt es beim Poker eigentlich für alles eine Bezeichnung. Da werden unter anderem die Postionen am Tisch fresh betitelt. "under the Gun", "under the Gun +1" (ja, da schlägt so manchem Fantasy-Rollenspieler das Herz schneller, da er hier hofft endlich auch mal irgendwas mit +9 zu erreichen. Pustekuchen gibts), "middle position", "Hijack" (fast mein persönlicher Favorit, wer kommt auf sowas?!), "cut off", usw, usf. Zum anderen gibt es eigentlich für fast jede denkbare Aktion (Aktion ist auch schon wieder eine fischige Ausdrucksweise, eigentlich sollte es Move oder Line heißen....), einen coolklingenden Terminus. Da gibt es die Continuation Bet, den Float, das Tanken (ausgesprochen Täääänken). Ich verzichte um die restliche Leserschaft nicht zu vergraulen extra auf weitere Termini und die Erklärungen der einzelnen "Fachbegriffe". Wir könnten zwar auch den Namen unseren Blogs ändern, würden dann aber mit der Wahrscheinlichkeit 1.0 ziemlich schnell keine weiteren Themen finden, zu deren Behandlung unsere intellektuelle Bandbreite ausreichen würde. Da bleiben wir dann doch lieber bei den einfachen, oberflächlichen Themen.

 Naja, ich drifte total ab.
Jedenfalls, diese besagte Regel hat keinen freshen Namen. Aus diesem Grund möchte ich hier und jetzt der erste sein, der dieser Regel einen freshen Namen gibt. Um die Kreativität meiner Vorreiter nicht ins schlechte Licht zu rücken, werde ich nicht allzu tief in die Trickkiste greifen.
Ich taufe diese Regel einfach mal auf den Namen: Goldene Regel des Pokers.

Manch ein Leser, insbesondere derer die meinen oberen Rat sich mit dem Fernseher zu beschäftigen nicht gefolgt sind, sagt sich jetzt bestimmt: "Komm mal auf den Punkte, Brate! Hast du die oberste Maxime eures Blogs nicht verinnerlicht?"
Bitte verzeiht mir meine Marotte, ab und zu den roten Faden zu verlieren. Leider bin ich beim Schreiben meiner Texte nicht so talentiert mit dem roten Faden wie der alte Frauenheld Theseus. Dafür lass ich mich allerdings nicht so einfach vom Felsen schubsen..

Wer ist hier also der Fisch?
Die Zentrale Frage eines jeden Pokerspiels.
Der Pokerboom, den Chris Moneymaker im Jahre 2003 ausgelöst hat, ist vorbei. Vorbei mit den zahlreichen Fischen am Tisch. Vorbei die Zeit, als man easy und locker innerhalb von gerade mal fünf gespielten Händen achtneuntel der Spieler am Tisch als Fisch analysiert und abgestempelt hat. Vorbei mit der ganzen fetten Kohle, die man mit einfachem ABC-Poker scheffeln konnte. Die Fetten Jahre sind definitiv vorbei.
Was bleibt also einem von Natur aus faulem Spieler anderes übrig als sich in einem Blog (hohoho, der angeblich auch noch einfache Erklärungen bieten soll) darüber schlau zu machen, wie man einen Fisch am besten erkennt?

Nun, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich. Die gute zuerst. Es gibt immer noch genauso viele Fische da draußen. Ja, auch an deinem Filz!
Die schlechte Nachricht allerdings: Der Fisch hat seinen Charakter gewechselt.

Ich sitze nun in einer sehr gemütlichen 2/4 Pokerrunde im Stadtcasino Bregenz. Am Tisch sind 2-3 Gesichter die ich kenne. Man unterhält sich, man quatsch ein bisschen und die Stammspieler warten einfach auf gute Gelegenheiten um einen möglichst großen Pott ohne großes Risiko zu gewinnen. Zwei, drei, oder vier solcher Potte, die in der Regel fast immer irgendwie zustande kommen, kann man eigentlich fast jeden Abend abräumen. Man hat ein schönes Plus von 500-600 Euro am Abend gemacht, geht nach Hause, legt sich vor den Flatscreen, geht seine gespielten Hände vielleicht noch einmal durch, macht sich darüber Gedanken was für Fische heute wieder unterwegs waren und schläft letztenendes irgendwann schön und friedlich ein. So viel zu einem normalen Tag eines soliden Pokerspielers.
Jetzt gibt es aber auch Nächte, bei denen die Gelegenheit einen großen Pott ohne großes Risiko einfach abzuräumen (diese beschissene dreckshurenvarianz!!!) verdammt lange auf sich warten lassen können. Da Geduld einer der Tugenden ist, die ein Pokerspieler DEFINIV mit sich bringen sollte, kein Problem! Zumindest für den Spieler, der sich als guten Spieler beschimpfen lassen möchte.
Es ereignet sich nun eine Hand. Der Fisch gegen den vermeitlichen nicht Fisch.
Der Fisch hält AssAcht offsuit! Der Profi AQsuited. Ich möchte den lieben Nicht-Pokerspieler nicht mit Details vollmüllen, die für die Essenz dieser Geschichte unwichtig sind und den ambitionierten Pokerspieler, den es komischerweise irgendwie auf dieser Seite verirrt hat, nicht mit irgendwelchen Details langweilen. Jedenfalls kommt aufgrund des Asses im Flop, des Asses am Turn und der Queen am River ein ziemlich großer Pott zustande.
(Randbemerkung: Aufgrund der ganzen Situation könnte man als halbwegs erfahrener Pokerspieler ganz klar sagen, dass der vermeintliche Fisch in dieser Hand alles, aber wirklich alles, was er hätte falsch machen können, ganz klar falsch gemacht hat.)
Letztenendes gewinnt der vermeintliche Profi. Potgröße: ca. 3000 (dreitausend!) Euro.
Fisch zeigt am Ende sein A8. Profi fängt an: "Whhhhhhat? Wie kannst du das sooo spielen? Ich hab echt kurz gedacht, du hast das bessere Full mit dem König im Flop. Oh man, schenk mir doch gleich dein Geld. Unglaublich. Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dich hier calle, wenn ich nicht mal A8 schlage? Hallloooo, jedes Ass das schlechter ist gibt uns ein splitpott. Wie kannst du da auf dem River nur all in gehen??".

Blablabla. Der Fisch packt seinen Geldbeutel aus. Lässt sich 4 Viagra für Frauen (ViagraFürFrauen) in 2000 Euro in Form von Spielchips umtauschen. Hält die Klappe und spielt.
Direkt die nächste Hand.
Der Fisch bezahlt sein BigBlind. Sein Kontrahent, der ihm gerade knapp 1500 Euro abgenommen hat erhöht. Bis auf den Fisch, der gerade 1500 Euro verschenkt hat, foldet jeder. Der Fisch setzt zum Gegenangriff an. Er raist! Der vermeintliche Profi tääääänkt zwei Minuten und reraist.


Der Fisch nimmt all seine Chips und schiebt sie in die Mitte. Der Profi snapppppcallt!

Der Fisch öffnet QQ. Der Profi öffnet, ohhhh Überraschung Überraschung, AA.

Boom. Der Turn bringt die Q für den Fisch. Der River blääänkt aus. Der Fisch gewinnt all sein Geld zurück, plus Zinsen und Bearbeitungsgebühr.

Es passiert nun, was passieren muss. Der Fisch wird vom Profi verbal attackiert. "Du bist doch ein Fisch. Wie kannst du mit QQ 2000 Euro all in gehen. Dich bezahlt doch nur die bessere Hand. Glaubst du ich riskiere meinen ganzen Stack mit JJ? Unglaublich. So Sick. Soooo Sick! Immer das gleiche mit euch Fischen. Unfassbar. Ihr könnt echt nur mit Glück gewinnen"

Der Fisch nimmt seine Chips, bedankt sich beim Croupier in Form eines mächtigen Trinkgelds von 50 Euro. Steht auf und verabschiedet sich mit den Worten: "Gentlemens, ich wünsche einen angenehmenen Abend. Und duuuuu. Du bist nicht nur ein schlechter Verlierer, sondern auch ein noch schlechterer Gewinner. Danke für dein Geld. Du kannst ja versuchen es mir beim Roulette wieder abzunehmen."

Tja, der vermeintliche Fisch ist weg. Mir stellt sich allerdings die Frage:

"Wer ist hier eigentlich der Fisch?"


P.S.: Lösungshilfe: Beiße nie die Hand, die dich füttert! Ich taufe diese Regel. Die Platinregel des Pokers





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